

Das Vielgut Festival - Eine Retrospektive
Ein Gastbeitrag von Till Görgen
Auf den Punkt genau drei Monate sind vorbei. Die Wimpel des Vielgut Festivals 22 haben sich im Tuchwerk gelegt, längst ist alles abgebaut und die Erinnerung an die freudige Stimmung verblasst so langsam. Zeit für ein kleines Revue, ein gedanklichen Abstecher was am 30.& 31.07. im Tuchwerk Soers / Aachen so passiert ist.
Das Musiknetzwerk Aachen hat zu einem Auftakt geladen. Ein Beginn nach einer langen Pandemie Pause, der nicht übersehbar sein wollte und mit imposanter ersten Phrase die verpassten Chancen und Möglichkeiten der letzten 2 Jahre wieder aufgriff. Kaum waren die letzten Vorbereitungen am Vorabend des ersten Veranstaltungstages abgeschlossen, begann die Aufregung im Team, als sich ein großer blauer Doppeldeckerbus gegen die Sonnenuntergangs-Kulisse des Freitagabend auf den Innenhof des Tuchwerks quetschte. Millimeterarbeit der Bus Crew war gefragt und erst, als die finale Position erreicht war, wurde aufgeatmet. Nun konnte das Festival beginnen. Der Samstagmorgen bot ein aufregendes Setting. Das Tuchwerk einladend geschmückt, begrüßte die ersten Gäste der Vielgut Convention, die von 12:00 – 15:00 eines jeden Veranstaltungstages zwei Panels und einen Workshop wahrnehmen konnten. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit des Netzwerkens und Austauschens. So auch am Samstag, wo sich das Popboard NRW in Aachen zeigte und Norbert Oberhaus für Fragen bereit stand. Das erste Panel präsentierte Amber Thoenissen, die sich als Veranstalterin zusammen mit der Künstlerin Brenda Blitz und der ersten Vorsitzenden des MusicNRWWomen e.V.s Linn Meissner über paritätisches Booking und die Keychange Richtlinien unterhielt. Auch beim darauffolgenden Panel kamen spannende Speaker:innen auf die Bühne und begleitet von Till Görgen, konnten sich die Förderprogramme create music NRW (präsentiert durch Carsten Schuhmacher), popNRW (präsentiert durch Linn Meissner) und das PopboardNRW (präsentiert durch Norbert Oberhaus) der Aachener Musik- und Kreativlandschaft präsentieren. Im Anschluss wurde im Innenhof des Tuchwerks genetzwerkt, geplaudert und die wilde Kombination aus Café, Eis & Dumplings konsumiert, während Maurice Klinge für interessierte Musiker:innen einen Workshop über Tipps zur Professionalisierung anbot. Das Festival konnte nun beginnen.


Sarah Scott, aka mononom, begann mit einem entspannten House Set auf dem Rücken des blauen Busses, während unter der Anleitung von Nils Rummler die Bühne final festgezurrt wurde. Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Ferris übernahm mit gewaltigem Beatbox, FYUS wiederum mit dynamischen Indie. Das Publikum wuchs, die Barkräfte wuselten schneller hin und her und beim Beginn von Brenda Blitz wurde schon kräftig getanzt. Auf dem Dach des Doppeldeckers saßen Eltern mit ihren Kindern, im hinteren Teil des Geländes bedienten sich hungrige Gäste am Angebot von WeiWei und Maier Peveling’s und die Stimmung stieg. Als dann Älice die Bühne erklomm, gab es kein Halten mehr. Hamburger Haltung traf auf tanzbereites Tuchwerk und die Attitude der Rapperin fegte jeglichen Zweifel, dass dieser Tag ein Erfolg sein würde, davon. Das Grande Finale wurde von den bunten und gute Laune versprühenden Magic Mumble Jumbles abgeliefert, die mit acht Personen alle noch so auf der 8x6m großen Bühne Platz fanden und dann gemeinsam mit dieser im Innenhof bis kurz nach 22:00 Pogo sprangen. Das Publikum gleich mit und die veranstaltende Crew schaute sich ungläubig an. Sie hatten es geschafft und der Festival Traum war Realität geworden. Doch wenn die Sonne untergeht, geht sie auch wieder auf und der zweite Tag brach an. Aachener Prominenz besuchte das Festivalgelände, als um 12:15 des Sonntags das Panel Programm über die Kulturpolitik in Aachen sprechen wollte. Mit dabei Sibylle Keupen, Rick Opgenoorth, Olaf Müller und Jonas Heinen, der mit viel Charme das Gespräch leitete. Dies war auch vonnöten, da besonders die politischen Themen für großen Wirbel unter den Besuchenden sorgten. Ein ebenso brisantes Thema griff der darauf folgende Panel Talk auf, in dem Julian Vogels, Marvin Ziemons und Till Görgen über ökologische Nachhaltigkeit im Veranstaltungskontext referierten. Der anschließende Workshop von MDE* Mitglied Julian Vogels sprach diverses Publikum an und bietet wohl einen Anstoß Veranstaltungen in Aachen ganzheitlicher zu denken. Im Innenhof wurde währenddessen gesprochen, gelacht und gegessen. Ella sorgte hierbei für die ausgelassene Stimmung und übergab die Bühne um 16:00 an Aachens Hoffnungsträger und Songwriter Makke. Dieser sang, spielte Klavier und feilschte zusammen mit seinem Trio um die Herzen des Publikums. Jeglicher Bann wurde aber mit der Bühnenübernahme der Rockband Liger gebrochen, die sich jeden Zentimeter des Innenhofes zu eigen machten und energetisch selbst das Barpersonal erreichten. Mit einem kurzen Ausflug in ein neues Genre durch die Sängerin Donia Touglo, wurde dann die Bühne für Brockhoff geschaffen. Die junge Sängerin verzauberte den Innenhof des Tuchwerks und konnte absolut zurecht im späteren Verlauf des Jahres auf dem Reeperbahn Festival erlebt werden. Die Krone des Abends setzte sich MELE auf, die mit ihren poppigen Hits das Publikum des Sonntages noch einmal wild zum Tanzen brachte und es nicht nur bei ihrem 60 minütigen Auftritt beließ. Als ein Großteil des Publikums schon vom Gelände geflossen war und die Veranstalter:innen schon dabei waren abzubauen, begannen Mele und Band ein Akkustik Konzert mit den noch vor Ort gebliebenen Fans und sangen mit ihnen gemeinsam in die sternenklare Nacht hinein. Erst gegen Mitternacht erstarb der letzte Ton, als Band und letzte Besuchende den Heimweg antraten. Berührt und voller Freude behalten wir diesen Abend und den schönsten Abschluss eines Festivals ganz fest im Herzen und freuen uns auf die kommenden Konzert- & Festival-Abende des munas.
*Music Declares Emergency Germany
Bilder: © Luisa Kempf, Lukas Leppert

